Es fängt mit dem Wettschein auf der Bahn an: Wer nicht schon ab und an mal einen Lottoschein ausgefüllt hat, starrt zunächst verwirrt auf Rubriken, Zahlen und Kästchen: Wie bitte? Will ich das? Und wenn, wie mache ich es richtig? Sagenhafte Tipps und Insider-Infos haben wir hier jetzt auch nicht, aber wer hat die schon? Überhaupt wird Wetten gern mit “zocken” gleich gesetzt, obwohl das Eine mit dem Anderen nichts zu tun hat.. Das Wort Zocken kommt eigentlich aus dem Jiddischen und zwar vom Wort “zchocken” – was auch dort so viel wie spielen oder unterhalten bedeutet. Im 18. Jahrhundert ist es dann in der Gaunergeheimsprache – dem Rotwelschen – aufgetaucht. Klassische Sportwetten haben allerdings nichts mit Gaunerei zu tun.
Zurück zum Wettschein: Viele Zahlenreihen und Ziffern und Kürzel. Spätestens das ist der Zeitpunkt, an dem eine Wettschule aufgesucht wird. So etwas gibt es auf vielen deutschen Rennbahnen und sie werden von der deutschen Gesellschaft WETTSTAR betreut.
Tessa Hoffmeister und ihre Kollegen und Kolleginnen kennen gewissermaßen die Fragezeichen, die in manchen Gesichtern zu “erkennen” sind und nehmen sich der Fragen an:: Menschen, die Wetten auf Pferde in Rennen einfach mal probieren möchten, schlau zu machen und dabei zu helfen, einen Wettschein zu verstehen. Quer durch die Republik auf sehr vielen Rennbahnen, z.B. in Sachsen, Baden-Württemberg, NRW oder Hamburg sind die grün-weißen Wettstar-Schulen regelmäßig an Renntagen vor Ort.
“Es sind eigentlich immer ähnlich gelagerte Fragen”, so Hoffmeister, “denn erstmal steht man da mit einem Wettschein und fragt sich “Sieg oder Platz”? Wie erhöhe ich die Chance, etwas zu gewinnen und was bedeuten Wettbezeichnungen – z.B. Viererweitte. Das ist auf Anhieb nicht zu erkennen.” Gewettet wird im Pferdesport weltweit, sowohl auf Rennbahnen am Wettschalter – also physisch durch ausfüllen eines Wettscheins – oder online auf Wett-Plattformen.
Ein keineswegs unwichtiges Kriterium: WETTSTAR ist ein deutsches Unternehmen, die GmbH ist im niedersächsischen Neustadt a. Rübenberge angesiedelt und funktioniert nach deutschem Recht. Das ist – rein rechtlich – eine andere Kategorie, als irgendein Sportwettenanbieter in einer Steueroase außerhalb der EU und bedingt auch andere Verpflichtungen, allein schon wegen des Spieler- und Jugendschutzes.
Mehr noch: Die Wettstar GmbH ist eine Tochter der deutschen Rennvereine. Die Gesellschaft vermittelt Totalisatorwetten und das bedeutet de facto Rückfluss und Unterstützung für den deutschen Rennsport – sowohl auf der Bahn, als auch Online und in den Wettannahmestellen. Seit wenigen Jahren ist ein Mehrheitsgesellschafter, die französische Paris Mutuel Urbain (PMU) dabei. Und auch PMU setzt sich aus über 50 Rennsportorganisationen zusammen.
PMU und German Tote sind bereits vor der Beteiligung an der GmbH enge Partner gewesen und ermöglichen es den deutschen Wettern, auf französische Rennen zu setzen – in sämtlichen französischen Wettarten und zu denselben Quoten wie im Nachbarland. Zudem werden etliche Rennen in Deutschland auch in Frankreich und weiteren europäischen Ländern “bewettet” und übertragen.
Dank der durch diese Zusammenarbeit generierten Einnahmen wird seit Jahren ein erheblicher Beitrag zur Finanzierung und zur Entwicklung des deutschen Pferdesports geleistet. Ein beachtlicher Anteil fließt wieder in den Pferderennsport zurück.
Gewinnt “mein Pferd”?
Renntage auf deutschen Rennbahnen sind – je nach Anlaß und Wetterlage – richtige Ausflugsziele und bringen eine bunte Mischung von Menschen zusammen an einen Ort. Da sind die fachkundigen und ehrgeizigen Wetter, die sich anhand von Formen, Tipps und eigenen Systemen schon diverse Strategien ausgegrübelt haben. Da sind mindestens genausoviele Besucher/innen, die einfach nach “Gefühl und Wellenschlag” entscheiden ob und auf welche Pferde sie wetten wollen. “Ich fand den bei der Vorstellung sooo schön!” “Der Name ist doch einfach toll.” “Diese Stute ist soo niedlich…” Spaß haben, etwas anderes erleben, sich mitreissen lassen – entweder in einer schicken Loge oder am Rand auf einer Biergartengarnitur – mit oder ohne Hut – das spielt gar keine Rolle. Wenn zum Beispiel in Hamburg-Horn das legendäre Derby gelaufen wird, schreien alle miteinander unisono und die Aufregung ist fast mit Händen greifbar.
“Es macht einen Unterschied, ob man sich die Pferde angeguckt hat und dann einfach mal zwei oder fünf Euro auf Sieg gewettet hat oder sich vielleicht sicherheitshalber für Sieg/ Platz entschieden hat,” erklärt eine Besucherin, die nur einmal im Jahr auf die Rennbahn nahe ihres Wohnortes geht. “Wenn ich gewettet habe, dann schlägt das Herz beim Rennen schneller und ich bin echt aufgeregt”, räumt sie ein. Klar, wenn es doch nicht zu einem Sieg=Wettgewinn gereicht hat, ist da schon ein wenig Enttäuschung, aber nicht allzu sehr. Manche Rennen können schon mit 50 Cent Einsatz – dem Mindesteinsatz – gewettet werden. Sich ein Wettspaß-Budget zu setzen, ist guter Weg, um nicht gefrustet wieder nach Hause zu fahren. Wie bei so vielem im Leben, ist Maß-halten der Clou…
Das funktioniert auf der Bahn genauso wie online. Beim online wetten spart man sich allerdings das Gerenne zu den Wettschaltern, nachdem man einen letzten, prüfenden Blick im Ring auf die Pferde geworfen hat und fix noch die eigene Wette platzieren will. Kann sein, dass man dort in einer Schlange steht.
Die Wettarten: Auch nicht komplizierter als ein Lottoschein
Die Klassiker sind die Sieg- und die Platzwette und auch Sieg/ Platz. Sieg erklärte sich von selbst, bei der Platz-Wette geht es darum, dass das gewählte Pferd unter die ersten Drei kommt und bei der Sieg-Platz-Wette kombiniert man beides. Dann gibt es noch Zwei aus Vier, die Zweier-, die Dreier- und die Vierer-Wette. Da muss man sich ein bißchen was trauen: Bei Zwei aus Vier geht es darum in beliebigen Reihenfolge auf zwei der vier Pferde zu setzen, die auf den ersten vier Plätzen ins Ziel einlaufen. Uffz! Noch mehr Mut und Rennbahnlektüre – oder Vertrauen ins Gefühl – braucht die Viererwette – da gilt es die vier Pferde zu tippen die auf den Plätzen eins bis vier ins Ziel laufen und zwar in der richtigen Reihenfolge. Ob in einem Rennen bestimmte Wettarten möglich sind, hängt auch von der Zahl der startenden Pferde ab. Wer einmal jemanden in Freudentaumel verfallen sieht, der für wenige Euro die Viererwette getroffen hat, der erkennt mühelos den Spaßfaktor….
Mit dem Risiko steigen auch die Chancen, das Wettbudget ordentlich aufzufüllen (oder zu plündern) und genau das macht für viele Rennbahbesucher einen großen Teil des Reizes aus. Man versucht mal ein Wette – hat den Einsatz wieder raus, bzw. Geld gewonnen und überlegt dann die nächste Wette. Und schon ist man mittendrin im Pferde begucken, Rennprogramme studieren, um aus Formen der Pferde, Chancen zu erwägen. Und ganz oft kommt man ins Gespräch – mit Rennsportfans, Pferdeleuten, den Besuchern auf der benachbarten Bank oder wem auch immer. Dabei fällt gelegentlich auch ein sehr vernünftiger Tipp ab. Und bevor es schief läuft mit dem Wettschein – einfach an der Wettstar-Wettschule nachfragen…..
Bildquellen
- Screenshot: Wettstar
- Wettschule: Marc Rühl
- Lange Schlangen am Wettschalter: Marc Rühl
- Der Derby-Meeting mit dem wichtigsten Rennen des Jahres, dem IDEE 155. Deutschen Derby bietet vom 30. Juni bis 7. Juli fünf Renntage. (Foto: galoppfoto.de): galoppfoto.de