Er heißt Fantastic Moon, ist vier Jahre alt, Derbysieger, Galopper des Jahres und Sieger im Großen Preis von Baden und und und… Außerdem ist er Hengst “und das weiß er auch” wie seine Trainerin Sarah Steinberg sagt. Ein Star der Galopp-Szene in schlichter brauner Farbe und am 6. Oktober in Paris soll er beim Prix de l`Arc de Triomphe dabei sein. Ob das französische Publikum auf der Bahn in Longchamp “Fanta” zu Gesicht bekommt, sowie eine dann doch recht aufgeregte Besitzergemeinschaft und Wetten abschließen kann, hängt allerdings von der Wetterlage ab: Sollte es bis zum wichtigsten Galopprennen des Kontinents zuviel regnen, wird es nix damit, denn es gilt die Regel: Ist der Boden nicht passend für Fantastic Moon, wird er auch keine einzige Runde in Longchamps drehen.
“Fanta”stische Tage
In München hatte Fantastic Moon Ende vergangener Woche seine letzte Arbeit verrichtet – soll heißen auf der Bahn in München den Form-Check mit Rene Piechulek absolviert. Sie sei sehr zufrieden, ließ Sarah Steinberg wissen. Kaum jemand kennt den Sieger des IDEE Deuschen Derbys 2023 so gut wie die Trainerin, der Jockey und das Team. Genau diese Kenntnis führt auch dazu, dass Fantastic Moon sein Individualprogramm hat. Der weit verbreiteten Ansicht, das Rennpferde “nur einmal am Tag laufen und sonst in Boxen stehen” können nahezu alle guten Trainingsbetriebe einiges entgegensetzen.
“Fantastic Moon geht regelmäßig auf die Koppel, hat immer andere Pferde in der Nachbarschaft, er arbeitet im Schnitt fünf bis sechs Mal die Woche, denn er will schon beschäftigt werden”, so Sarah Steinberg, “er arbeitet gern, den muss man manchmal eher etwas bremsen.” Hinzu kommt Gymnastik – der Hengst wird vorwärts-abwärts schulmäßig geritten, im Winter gehört longieren und Arbeiten in der Doppellonge zum Angebot, auch Cavaletti-Arbeit zählt zum abwechslungsreichen Programm. Abwechslung ist enorm wichtig für den Pferdekopf, für den Erhalt der Motivation. Steinberg legt zudem Wert darauf, dass Hinterhand und Rücken muskulär gut entwickelt sind, die Tragkraft vorhanden ist und der “Motor” gut trainiert. Und beim Pferd sitzt “der Motor” nun mal in der Hinterhand.
Sarah Steinberg, die ihre Anfänge im Pferdesport im Westernreiten hatte und 2005 eine Ausbildung zur Pferdewirtin mit Schwerpunkt Rennreiten begann, schätzt an Fantastic Moon viele Eigenschaften. Vor allem seine innere Ausgeglichenheit und auch die Intelligenz. “Man kann auf jede Rennbahn mit ihm fahren und er gerät darüber nie in Stress oder Hektik – der guckt sich mal um und das war es dann. Er ist auch ein intelligentes Pferd und mit solchen Pferden arbeite ich gern, auch wenn die mal was in Frage stellen…” So freundlich und aufgeschlossen “Fanta” ist, so erkennbar sei in der Nähe von Stuten auch, dass er eben ein Hengst ist, aber das wissen “seine Menschen” zu handhaben. Das ausgeglichene Wesen und die Freude an der Bewegung machen Fantastic Moon ebenso auch zu einem “tollen Reitpferd” unterstreicht Sarah Steinberg.
Lauter Fans…
Wohl nur wenige Pferde haben gleich so viele Besitzer wie der Derbysieger des Jahres 2023: Es sind 25 Menschen, die die Besitzergemeinschaft Liberty Racing bilden. Lars-Wilhelm Baumgarten, rühriger Sportmanager, und Nadine Siepmann haben die Konzepte für die Besitzer-Syndikate ausgegrübelt. Nun sind Besitzergemeinschaften für Rennpferde (BG) keine neuzeitliche Erfindung, allerdings ist es Baumgarten gelungen, alle möglichen Aspekte zu berücksichtigen und pragmatische Rahmenbedingungen und Details zu entwickeln. Das schafft Transparenz für Anteilseigner, die sich mit der Teilhaberschaft ein bisschen Lebenstraum erfüllen mögen. Liberty Racing funktioniert so. Und auch wenn es darum geht, die Teilhaber/innen zufrieden zu stellen, bleibt doch das Pferd das Maß der Dinge. Genauso entscheiden Besitzergemeinschaften aber manchmal anders, als gedacht: Nach dem Derbysieg 2024 wurde der mögliche Verkauf von Fanatstic Moon nix – Liberty Racing entschied sich einfach, das Pferd zu behalten.
Ob Fantastic Moon am 6. Oktober in Paris-Longchamps an den Start geht oder nicht, ist zwar Gesprächsstoff in der Besitzergemeinschaft, die letzte Entscheidung treffen jedoch Sarah Steinberg und Lars-Wilhelm Baumgarten. Fantastic Moon brauche eine gute Bahn, also guten Boden – nicht zu weich, nicht matschig oder schwer – zeige die Erfahrung. Sarah Steinberg: “Und wenn das in Paris nicht gegeben ist, dann läuft er dort auch nicht.”
Pedigree – “Familiensache”
Fantastic Moon stammt aus “guter Familie”: Sein Vater Sea the Moon gewann im Jahr 2014 völlig überlegen das IDEE 145. Deutsche Derby in Hamburg und bescherte seinen Züchtern Gestüt Görlsdorf einen riesigen Triumpf, sowie dem Trainer Markus Klug den allerersten Derbysieg als Trainer.
Hübscher noch ist die Geschichte auf “Fantas” Mutterseite. Frangipani von Jukebox Jury ist die Mutter von Fantastic Moon, der als Fohlen “wirklich total unauffällig und auch nicht der Größte war”, wie sein Züchter, Philipp Graf von Stauffenberg, ganz unumwunden fest stellt. Fanta war eher so der Typ nettes, korrektes, braunes Hengstfohlen.
Frangipani ist eine Enkelin des berühmten Lomitas, Tochter der Stute Firedance und bereits die dritte Generation einer Stutenfamilie im heimischen Stall im Landkreis Coesfeld. Frangipanis Großmutter Fräulein Tobin ist nämlich “schuld daran”, dass eine Dressurreiterin mit Interesse an englischen Vollblütern und ein Springreiter mit Interesse an englischen Vollblütern sich überhaupt je kennengelernt haben. Gesucht hat Dressurreiterin Marion damals einen guten Platz für Fräulein Tobin, Springreiter Philipp wusste wo es den gab. Heute sind Marion und Philipp Graf von Stauffenberg längst verheiratet und Inhaber eines umfangreichen Zuchtbetriebes, der sich sowohl auf eine achtbare Zahl Vollblutstuten und -Jährlinge, als auch auf aktuell drei außergewöhnlich gute Ponystuten erstreckt, die bereits Bundeschampions und gekörte Hengste hervorgebracht haben. Was lernt man daraus? Das, was etliche “Pferdemenschen” schon längst wissen: die Begeisterung für Pferde hat eigentlich immer irgendwie weitreichende Folgen…